Artikel vom 25.10.2020

Die vergessenen Lebensenergien unserer Nahrung

von Henning Müller-Burzler

Für eine gesunde und heilkräftige Ernährung, mit der man der Entstehung vieler Krankheiten nicht nur vorbeugen, sondern diese auch bessern oder heilen kann, gibt es mehrere Faktoren.
     Diesbezüglich spielen nicht nur die Inhaltsstoffe, die Vollwertigkeit oder die harmonische Zusammenstellung der Lebensmittel, sondern auch verschiedene spezifische Wirkungen der Nahrung auf den Körper eine wichtige Rolle. Dazu gehören unter anderem die Yin-Yang-Energien, die teilweise mit den kühlenden und wärmenden Eigenschaften der Lebensmittel in Verbindung stehen, und die Kapha-, Pitta- und Vataenergien der Ayurvedaernährung.

Die große Bedeutung der Lebensenergien der Nahrung für die Gesundheit

 

Von besonderer Bedeutung sind jedoch ganz andere Kräfte der Nahrung. Dabei handelt es sich um die allgemeinen Lebensenergien, die in allen pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln je nach deren Züchtung, Anbaumethode, Verarbeitung und Zubereitung mehr oder weniger enthalten sind und die wir bei deren Verzehr genauso aufnehmen wie deren Nährstoffe.

     Das Bedeutungsvolle daran ist, dass wir diese Lebensenergien für ein gesundes Leben benötigen, weil wir damit unsere eigenen Lebensenergien auffüllen und auch erhöhen können. Denn mit zunehmendem Alter nimmt die Lebensenergie aller Menschen und Tieren ab. Am stärksten ist sie bei gesunden Neugeborenen und kleinen Kindern beziehungsweise bei jungen Tieren.

 

Wichtig ist ein möglichst hohes Lebensenergieniveau vor allem deshalb, weil es in einer direkten Beziehung zur Stoffwechselleistung der Körperzellen und Organe und damit auch zur Nährstoffversorgung des Körpers steht. Das bedeutet, je mehr Lebensenergien wir haben, desto besser funktioniert der Zell- und Organstoffwechsel und desto besser können die Körperzellen die Nährstoffe verwerten, wodurch der Nährstoffbedarf für einen gesunden Stoffwechsel sinkt. Die Lebensenergie in den Zellen und Organen ist somit von großer Bedeutung für einen gesunden Organismus.

Dies ist der Grund, warum gesunde Kinder mit einer weniger ausgewogenen Ernährung zumeist wesentlich besser klar kommen als ältere Menschen und dadurch weniger starke Nährstoffmängel in den Körperzellen aufweisen als diese.

     Ebenfalls wird dadurch verständlich, warum viele Körperstörungen und Krankheiten mit einer ausschließlichen Nährstoffsubstitution bei älteren Menschen in der Regel keineswegs mehr so erfolgreich therapiert werden können wie bei jüngeren Menschen.

Kinder haben noch viel Lebensenergie
Kinder haben noch viel Lebensenergie

Denn ein 80- oder 90-jähriger Mensch kann das Nährstoffangebot des Blutes bei normaler Ernährungsweise schlechter in den Körperzellen nutzen als eine 30- bis 40-jährige Person. Viele Stoffwechselprozesse, wie die Aktivität der Stoffwechselenzyme, die ATP-Bildung (wichtige Energieverbindung) und die körpereigene Bildung von Coenzym Q10 und L-Carnitin, nehmen bei normaler Ernährungsweise mit zunehmendem Alter ab.

 

Wenn die Lebensenergien unseres Körpers aufgrund des Alters oder wegen schweren Körperstörungen oder Krankheiten stark abgenommen haben, sterben wir. Sie können aber auch durch lebensenergieschwächende äußere Faktoren und Einflüsse, wie Gift- und Strahlungsbelastungen, zu viel Stress oder starke psychische Belastungen geschwächt werden und stark abnehmen, was unserer Gesundheit schadet.

Für eine kausale Heilung vieler Erkrankungen ist eine Erhöhung der Lebensenergien notwendig

 

Weil viele akute und chronische Erkrankungen mit einer gestörten oder verringerten Lebensenergie des Körpers oder der erkrankten Körperbereiche und demzufolge mit einer verschlechterten Stoffwechselsituation in Verbindung stehen, spielt für eine kausale Heilung dieser Erkrankungen die Erhöhung der Lebensenergien in diesen Bereichen eine bedeutende Rolle.

 

Durch die Erhöhung der Lebensenergien werden viele Stoffwechselfunktionen verbessert und entsprechende Heilungsprozesse eingeleitet. Zu den verbesserten Stoffwechselfunktionen infolge der Lebensenergieerhöhung gehören unter anderem verbesserte Funktionen von Zellenzymen und Stoffwechselkatalysatoren mit einer Erhöhung der Stoffwechselleistung, inklusive einer verbesserten Zellernährung und -entgiftung.

Wichtige Voraussetzungen für eine gute Verwertung der Lebensenergien der Nahrung

 

Möchten wir unsere Lebensenergien mit der Ernährung erhöhen, was für eine kausale Verbesserung oder Heilung von vielen Körperstörungen und Krankheiten wichtig ist, müssen dafür vor allem zwei Grundvoraussetzungen erfüllt sein:

Lebensenergiereiche natürliche Nahrung
Lebensenergiereiche natürliche Nahrung

Zum einen ist dies am besten mit dem Verzehr von naturbelassenen Lebensmitteln möglich. Denn bei einer zu starken technischen beziehungsweise industriellen Verarbeitung der Lebensmittel, wie dies bei der Raffination von pflanzlichen Ölen und Zucker, beim Aussieben von Mehl oder der Homogenisierung von Milch geschieht, verlieren sie einen mehr oder weniger großen Teil ihrer Lebensenergien. Darüber hinaus sollten sie möglichst biologisch angebaut worden sein und keine Pestizidbelastungen aufweisen.


Zum anderen sind für eine besonders gute Aufnahme der Lebensenergien unserer Nahrung lebensenergieschonende Zubereitungsformen und einfache, harmonische Lebensmittelkombinationen von großer Bedeutung.

     Lebensenergieschonende Erhitzung: Wenn die Nahrung gekocht oder gebacken wird, sollten die Lebensenergien dadurch so wenig wie möglich verringert werden. Dafür spielen nicht nur die Höhe der Temperatur, sondern auch die Erhitzungsdauer und -methode eine Rolle.

     Einfache, harmonische Lebensmittelkombinationen: Bezüglich der Lebensmittelkombinationen sind einfache, harmonische Kombinationen die lebensenergiereichsten. Das bedeutet, je weniger natürliche Lebensmittel wir auf harmonische Weise miteinander kombinieren, desto besser kann unser Körper die Lebensenergien der Nahrung verwerten und damit die körpereigenen Lebensenergien verbessern und erhöhen.


Diese Faktoren sind entscheidende Gründe für die heiltherapeutischen Erfolge einiger alter und neuzeitlicher Ernährungsformen und Diäten. Dazu gehören zum Beispiel die Ayuredaernährung mit wenigen lebensenergiereichen sattvischen Lebensmitteln pro Mahlzeit (Sattva: Licht, Klarheit, Reinheit) und die einfachen Ernährungsformen mit wenigen Lebensmitteln, wie sie Ohsawa, ein wichtiger Verbreiter der Makrobiotik in Europa, mit teilweise großem Erfolg bei sich selbst und seinen Patienten angewandt hatte, auch wenn seine Ernährungsempfehlungen einige Schwächen und Mängel aufweisen und sich daher nicht als Dauerernährung eignen.

In der Einfachheit liegt die Kraft!


Möchten wir daher ein möglichst gesundes Leben führen und haben zum Ziel, dass die Ernährung bedeutend zu unserer Gesundheit beiträgt, sollten wir uns nicht nur ausgewogen, sondern auch so natürlich und einfach wie möglich ernähren. Denn in der Einfachheit der Nahrung liegt die Kraft. Nur dadurch können deren Lebensenergien voll zur Wirkung kommen und unsere Lebensenergien bedeutend verbessern und erhöhen.

 

Am stärksten sind diese Effekte bei einer für den Körper und die Darmflora harmonischen Kombination von nicht mehr als zwei bis drei rohen oder lebensenergieschonend gekochten oder gebackenen pflanzlichen Lebensmitteln (nicht mitgezählt: kaltgepresstes pflanzliches Öl, Salz und Wasser).

     Je mehr Lebensmittel wir dagegen in einer Mahlzeit kombinieren, desto weniger können sich ihre Lebensenergien im Körper entfalten und zu einer Erhöhung unserer Lebensenergien beitragen.

Gekochtes Quinoa mit Tomaten und Olivenöl
Gekochtes Quinoa mit Tomaten und Olivenöl

In der Praxis bedeutet dies, dass man solche Mahlzeiten auf der Grundlage einer ausgewogenen und für die Darmflora gesunden Ernährung anfangs hin und wieder bis einmal täglich zu sich nimmt. Je nach Bedarf oder Freude an derart einfachen und heilkräftigen Mahlzeiten können diese nach einer gewissen Zeit dann häufiger oder auch ausschließlich verzehrt werden.

     Eine langsame Steigerung der Größe und Häufigkeit solcher Mahlzeiten ist vor allem deshalb wichtig, weil man dadurch, je nach körperlicher Gesamtverfassung und sonstiger Ernährungsweise, auch relativ stark entgiften kann. Die stoffwechselverbessernde und damit auch entgiftende Wirkung kann durch zusätzliche Lebensmittel dann in den ersten Wochen bis Monaten abgeschwächt bis aufgehoben werden.